Page 7 - Berchtoldsgaden-Musick
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Berchtesgadener Pfeifchen (Pfeifenrößl) ertönt, ferner einen Berchtesgadener Pfeifenvogel, der
ebenfalls dort im Heimatmuseum heute noch zum Kauf angeboten wird, für den Wachtelruf auf den
erforderlichen Ton gebracht und ein Trompetchen zugerichtet. Aus dem aktuellen Angebot
der Berchtesgadener Handwerkskunst im berühmten Salinenort stammten auch die Rätschchen.
Das im Titel der Berchtoldsgaden Musick für die Besetzung geforderte Örgelchen gab Anlaß zu
Spekulationen um dessen Instrumententypus. Der Ansicht, daß es sich um eine Wasserpfeife handle,
steht die Notationsweise in der Stamser Kopie entgegen: Das Rätschchen, ohne definierte Tonlage, ist
in den beiden vorkommenden Tonarten, C-Dur wie F-Dur, immer im Violinschlüssel mit dem Ton h',
in Viertel-, halben und ganzen Noten dargestellt, das Örgelchen im Baßschlüssel, nur mit dem
Ton 1G, in ganzen, halben und Viertelnoten. Über Takt 10 und 11 des ersten Satzes, dem ersten Einsatz
des Örgelchens, steht eine Wellenlinie. Demnach könnte es sich beim Örgelchen um ein Lärmgerät mit
dunklerer Klangfärbung als beim Rätschchen handeln. Möglicherweise ist mit Örgelchen ein im
18. Jahrhundert in Tirol gebrauchtes Idiophon bezeichnet, das später außer Gebrauch kam oder
umbenannt wurde. Als Klangeffekt ist wohl eine undifferenzierte, bordunartige Geräuschkulisse
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intendiert, deren Inszenierung bis zur Klärung des Begriffs Örgelchen der Phantasie der Ausführenden
überlassen bleiben muß. In einer Musica Nocturna ... Pluribuscunque Berchtoldsgadensibus
Instrumentis des Halleiner Chorregenten Josef Pründl (1750-1808), erhalten in einer Handschrift mit
der Datierung 1793 ist außer den hier ausdrücklich geforderten Organelli das Colla-parte-Spiel
eines Wasservogels mit Ratsche oder Pfeife belegt. Somit könnte auch in der Berchtoldsgaden
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Musick aus Überlegungen um die usuelle Aufführungspraxis heraus die Wasserpfeife zum Einsatz
kommen. Erfolgt die Aufführung der Kindersinfonie primär zu spielerischer Freude, etwa mit Kindern,
könnte sie mit komplikationslosen Instrumenten, etwa einer Blockflöte für den Kuckuck, geschehen.
Entsprechend der Stamser Notation und dem Berchtesgadener Bericht von 1791, daß bei der
Berchtesgadener Musik a l l e s auf N o t e n und Takt erklinge (vgl. o.), sind exakte Tonhöhen bei
Kuckuck, Pfeifchen und Wachtelruf erforderlich. Dieser Anforderung entsprechen die im einschlägigen
Fachhandel erhältlichen Kinderinstrumente eher zufällig, so daß eigeninitiative Bastelkunst
weiterhelfen muß. Eine Kuckuckmaschine, nachzubauen aus zwei hölzernen Orgelpfeifen mit kleinem
Blasbalg (vgl. z. B. ein Original im Berchtesgadener Heimatmuseum), wird heute in der Anwendung
aufgrund ihres relativ schwachen Tons möglicherweise problematisch und allenfalls bei - früher üblicher
- einfacher Streicherbesetzung in einem kleinen Raum möglich sein.
LITERATURVERZEICHNIS
Beimrohr Beimrohr, Wilfried, Die Matriken (Personenstandsbücher) der Diözese Innsbruck und
des Tiroler Anteils der Erzdiözese Salzburg (Tiroler Geschichtsquellen, Band 17,
Innsbruck 1987
Egg Egg, Erich, Das kirchliche Musikleben im alten Schwaz, in: Tiroler Heimatblätter 37
(1962), S. 41-50