Page 4 - Kindersinfonie
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Primiz. Auf Geheiß seines Abtes nahm er 1759 bei Vigilius Blasius Faitelli (1710-
               1768) aus Bozen, einem vielgeschätzten Mitglied der vortrefflichen Kapelle des
               Haller Damenstifts, Kompositionsunterricht.
               Edmund Angerer wirkte im Stift Fiecht als Chorregent und an der zugehörigen
               Konviktschule als Musiklehrer, anerkannt insbesondere für das Orgelspiel. 54 Jahre
               alt,  verschied er am 7. August 1794 in seinem Heimatkloster.
               Das Stift Stams war mit seinem florierenden Musikleben in der zweiten Hälfte des
               18. Jahrhunderts ein Anziehungspunkt für Künstler aus nah und fern. Mit dem
               Zisterzienserkloster und den dort führenden Musikern stand auch Edmund Angerer
               in persönlichem Kontakt, kam zu Besuch und dirigierte hier 1782 nachweislich
               selbst eine von ihm komponierte Zwischenaktsmusik zu einem geistlichen
               Schauspiel des Stamser Zisterzienserpaters Thomas Voglsanger.


               P h y s i s c h e  B e s c h r e i b u n g
               d e r  S t a m s e r  H a n d s c h r i f t
               Die Stamser Stimmkopie der Kindersinfonie (Signatur: Musikarchiv L III 62) trägt
               auf fol. 1r der Violinstimme folgenden Titel:
               Berchtolds-Gaden Musick. a Violino, e Viola, con Baßo. Quagliaruòlo: Wachtel-
               Ruf F. Cuccolo. Guguck. G. E. Piffaro con ruoticella: Windpfeifgen G. Trompetta
               piccola. Trompetchen G. Rasca. Raetschgen . Organo. Oergelchen Auth:
               R. P. Edmundo Angerer Ord[inis] S[anc]ti Benedicti in Fiecht.
               Darunter steht ein zweitaktiges Incipit der Violin- und Baßstimme.
               Es sind 9 Stimmen (je 30 x 23 cm) vorhanden: Violine, Viola, Baß, Wachtelruf,
               Kuckuck, Windpfeifchen, Trompetchen, Rätschchen, Örgelchen.
               Versiert geschrieben hat sie gegen 1790, also zu Angerers Lebzeiten, P. Stefan
               Paluselli OCist. (* 1748 Kurtatsch/ Südtirol, † 1805 Stams) vom Stift Stams, ein
               begabter Musikpädagoge am Knabenseminar des Klosters und 'Hauskomponist' für
               alle erdenklichen Anlässe geistlicher und profaner Art. Er hatte 1771 in Stams die
               Ordensprofeß angelegt und war von 1791 bis an sein Lebensende Chorregent in der
               Abtei. Als Wasserzeichen (der württembergischen Lottermühle) findet sich das
               Wappen der Stadt Wangen, darunter der Ortsname WAMGEN.

               In den Stimmen finden sich aufführungspraktische Bleistiftvermerke von Palusellis
               Hand: in Violine und Baß im Menuett bzw. Trio: piz: / col arco; im Windpfeifchen
               im 1. Satz (viertletzter Takt): ff; in allen Stimmen im Finale ein Sprung, nämlich
               nach Takt 19 auf Takt 42/43, dazu eine Fermate bzw. der Vermerk Finale.
               Demnach wurde das Stück unter Palusellis Leitung, möglicherweise auch unter
               seiner Direktion vom Violinpult aus, aufgeführt. Das Stück umfaßt drei Sätze:
               Allegro (C-Dur, 4/4, 67 Takte) - Menuett (C-Dur, 3/4, 30 Takte) / Trio (F-Dur, 3/4,
               26 Takte) - Finale. Presto (C-Dur, 3/8, 46 Takte).
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