Zur Biographie von Josef Alois Holzmann
Joseph Alois Holzmann wurde in ein sehr musikalisches Milieu hinein geboren: Sein Vater Joseph Holzmann war Pfarrorganist in Hall in Tirol, seine Mutter die Tochter eines Musikers am für seine Musikfreudigkeit berühmten Haller Damenstift. Nach dem frühen Tod des Vaters (1765) kam Joseph Alois Holzmann in die Obhut seines Stiefvaters Johann Prohaska, der ab 1774 das Organistenamt an der Haller Stadtpfarrkirche versah. Prohaska erkannte und förderte das herausragende musikalische Talent seines Schützlings. Im Stift Fiecht erhielt das musikalische Wunderkind vom angesehenen Musikpädagogen P. Magnus Dagn OSB Musikunterricht; später unternahm Joseph Alois mit seinem Stiefvater Kunstreisen als Cembalo- und Orgelvirtuose, die ihn unter anderem in süddeutsche Residenzen und Klöster führten. In Hall bekleidete Joseph Alois Holzmann das Amt eines zweiten Pfarrorganisten; erster Organist blieb sein Stiefvater, der ihn um sieben Jahre überlebte.
Schon in jungen Jahren erwarb sich Holzmann einen ausgezeichneten Ruf als Organist, Lehrer und Komponist. Zeit seines Lebens blieb er seiner Heimatstadt treu und schlug finanziell wesentlich lukrativere Stellenangebote aus dem In- und Ausland aus. Der Pfarrer von Hall bezeichnete ihn 1801 als die „Seele des hiesigen Musikchores“, von dem „ein großer Teil des Ruhms, in welchem unsere Stadt Hall im Ausland bisher gestanden“ abhänge. Anläßlich der Begutachtung der renovierten Orgel der Franziskanerkirche in Schwaz wird er 1806 im Protokoll der Tiroler Franziskanerprovinz als „famosissimus in nostra Patria organoeda“ (berühmtester Organist unseres Vaterlandes) bezeichnet. Der berühmteste unter den zahlreichen Orgelschülern Holzmanns war der gebürtige Sterzinger Johann Baptist Gänsbacher (1778-1844), der ab 1823 als Kapellmeister am Wiener Stephansdom wirkte.
Der Großteil der Werke Holzmanns entstand für den Chor der Pfarrkirche seiner Heimatstadt; er komponierte vorrangig geistliche Vokalmusik (Messen, Offertorien, Gradualien, Hymnen, Antiphonen), Orgel- und Klaviermusik, aber auch Oratorien und zumindest eine Schauspielmusik („Coburgs Heldentaten“, verschollen). Der Umfang von Holzmanns kompositorischem Schaffen kann nur annähernd geschätzt werden. Seine Werke erreichten einen enormen Verbreitungsgrad: In keinem Tiroler Archiv mit Beständen aus dem 19. Jahrhundert fehlen Abschriften seiner Werke, in vielen ist er sogar der am stärksten vertretene Komponist. Wichtige Fundorte sind neben dem Musikarchiv des Pfarrchores St. Nikolaus in Hall in Tirol die Tiroler Stifte Wilten und Stams, das Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum und das Franziskanerkloster Bozen. Im Musikarchiv des Haller Pfarrchores, das zur Zeit wissenschaftlich katalogisiert wird, sind etwa 150 Werke als Autographen überliefert. Holzmanns Kompositionen erfreuten sich bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts über die Grenzen Tirols hinaus im gesamten süddeutschen Raum großer Beliebtheit. Sie zeichnen sich durch eingängige, volkstümliche Melodik und solide handwerkliche Arbeit aus. Viele Werke Holzmanns vertreten den „Ruralstil“; sie sind durch leichte Ausführbarkeit und variable Besetzung (häufige „ad libitum“-Anweisungen) charakterisiert. Ein Zug der Zeit im Schaffen Holzmanns ist die große Zahl von Pastoralmessen, Marienliedern sowie Arien für Advent und Weihnachten.
Franz Gratl, 2003
Literatur:
ANONYMUS: „Der brave Organist Holzmann“, in: Blumen aus Tirol. Ein Büchlein zur Erbauung und Unterhaltung. Gesammelt von einem Priester der Diözese Brixen, Innsbruck 1852, S. 105-110.
SENN, Walter: Aus dem Kulturleben einer süddeutschen Kleinstadt. Musik, Schule und Theater der Stadt Hall in Tirol in der Zeit vom 15. bis zum 19. Jahrhundert. Innsbruck [etc.] 1938.
--- „Pfarrschule und Kirchenchor. Die Musikkapelle des Damenstiftes“, in: Haller Buch. Festschrift zur 650-Jahrfeier der Stadterhebung (Schlern-Schriften, Nr. 106), herausgegeben von A. Klebelsberg, Innsbruck 1953, 434-457.
GRATL, Franz: „Musikhandschriften und Drucke des 18. und 19. Jahrhunderts im Musikarchiv des Prämonstratenser-Chorherrenstiftes Wilten“, in: Musikgeschichte Tirols, Band 2 (Schlern-Schriften), Innsbruck: 2004.